Glasrichtlinien

zur Beurteilung der visuellen Qualität von Glas für das Bauwesen

Der richtige Prüfabstand

1. Geltungsbereich

Diese Richtlinie gilt für die Beurteilung der visuellen Qualität von Glas für das Bauwesen (Verwendung in der Gebäude hülle und beim Ausbau von baulichen Anlagen/Bauwerken). Die Beurteilung erfolgt entsprechend den nachfolgend beschriebenen Prüfgrundsätzen mit Hilfe der in Abschnitt 3 angegebenen Zulässigkeiten. Bewertet wird die im eingebauten Zustand verbleibende lichte Glasfl äche. Glaserzeugnisse in der Ausführung mit beschichteten Gläsern, in der Masse eingefärbten Gläsern, Verbundgläsern oder vorgespannten Gläsern (Einscheiben-Sicherheitsglas, teilvorgespanntes Glas) können ebenfalls mit Hilfe der Tabelle nach Abschnitt 3 beurteilt werden. Schaltbare / dimmbare Gläser und Gläser mit eingebauten, beweglichen Vorrichtungen sind im tranparenten / hellen Zustand zu bewerten.

Geltungsbereich

Die Richtlinie gilt nicht für Glas in Sonderausführungen, wie z. B. Glaserzeugnisse unter Verwendung von Ornamentglas, Drahtglas, Sicherheits-Sondergläser (VSG und VG aus mehr als zwei Scheiben), Brandschutzgläser und nicht transparente Glaserzeugnisse. Diese Glaserzeugnisse sind in Abhängigkeit der verwendeten Materialien, der Produktionsverfahren und der entsprechenden Herstellerhinweise zu beurteilen. Eingebaute Elemente im Scheibenzwischenraum (SZR) oder im Verbund werden nicht beurteilt.

Die Bewertung der visuellen Qualität der Kanten von Glaserzeugnissen ist nicht Gegenstand dieser Richtlinie. Für freie Glaskanten entfällt das Betrachtungskriterium Falzzone; stattdessen gilt mindestens die Beurteilung für Randzone oder gesonderte Vereinbarung. Der geplante Verwendungszweck ist bei der Bestellung anzugeben. Für die Betrachtung von Glasfassaden in der Außenansicht müssen besondere Bedingungen vereinbart werden.

2. Prüfung

Generell ist bei der Prüfung die Durchsicht durch die Verglasung, d. h. die Betrachtung des Hintergrundes und nicht die Aufsicht maßgebend. Dabei dürfen die Beanstandungen nicht besonders markiert sein.

Prüfungsabstand von einem Meter

Die Prüfung der Gläser gemäß der Tabelle nach Abschnitt 3 ist aus einem Abstand von mindestens 1 m von innen nach außen in einer Zeitdauer von bis zu 1 Minute je m² und aus einem Betrachtungswinkel, der der allgemeinen Raumnutzung entspricht (im Bereich von Senkrecht bis zu 30° zur Glasfläche), vorzunehmen. Geprüft wird vorzugsweise bei diffusem Tageslicht (wie z. B. bedecktem Himmel) ohne direktes Sonnenlicht oder künstliche Beleuchtung. Für die Bewertung im Produktionsprozess sind diese Bedingungen zu simulieren.

Die Glaser innerhalb von Räumlichkeiten (Innenverglasungen) sollen bei normaler (diffuser), für die Nutzung der Räume vorgesehener Ausleuchtung, unter einem Betrachtungswinkel vorzugsweise senkrecht zur Oberfläche geprüft werden. Änderungen der Beleuchtung in Räumlichkeiten, z.B. durch die Installation neuer Beleuchtungskörper, können den optischen Eindruck der Gläser verändern.

Eine eventuelle Beurteilung von außen nach innen erfolgt im eingebauten Zustand unter üblichen Betrachtungsabständen. Prüfbedingungen und Betrachtungsabstände aus Vorgaben in Produktnormen für die betrachteten Glaserzeugnisse können hiervon abweichen. Die in diesen Produktnormen beschriebenen Prüfbedingungen sind am Objekt oft nicht einzuhalten.

Welche Störungen sind zulässig?

3. Zulässigkeiten

Zulässige Merkmale für Zweischeiben-Isolierglas aus Kombination von Floatglas, ESG, TVG jeweils beschichtet oder unbeschichtet

Zulässigkeiten bei Glasstörungen

Zone Größe der Fehler (ohne Höfe, Ø in mm) Größe der Scheibe S (m²)
R Alle Größen Uneingeschränkt
Ø ≤ 1 Zulässig sind max 2 in einem Bereich mit Ø ≤ 20 cm
E 1 ≤ Ø ≤ 3 4 (S ≤ 1) oder 1 je Meter umlaufender Kantenlänge (1 ≤ S ≥ 3)
Ø ≥ 3 Nicht zulässig
Punkte Ø ≤ 1 Zulässig sind 3 in jedem Bereich mit Ø ≤ 20 cm
M Punkte 1 ≤ Ø ≤ 3 Nicht zulässig
Punkte Ø ≥ 3 Nicht zulässig
Punkte Ø ≥ 17 Nicht zulässig

Zone Einzellänge (mm) Summer der Einzellängen (mm)
R Uneingeschränkt Uneingeschränkt
E ≤ 30 ≤ 15
M ≤ 90 ≤ 45

Zone Größe und Art (Ø in mm) Größe der Scheibe S (m²)
R Alle Uneingeschränkt
Punkte Ø ≤ 1 Zulässig sind 3 in einem Bereich mit Ø ≤ 20 cm
Punkte 1 mm ≤ Ø ≤ 3 4 (S ≤ 1) oder 1 je Meter umlaufender Kantenlänge (1 ≤ S)
E Flecken Ø ≤ 17 1
Punkte Ø ≥ 3 Nicht zulässig
Flecken Ø ≥ 17 Nicht zulässig
Punkte Ø ≤ 1 Zulässig sind 3 in jedem Bereich mit Ø ≤ 20 cm
M Punkte 1 ≤ Ø ≤ 3 Nicht zulässig
Punkte Ø ≥ 3 Nicht zulässig
Punkte Ø ≥ 17 Nicht zulässig

Hinweis: Haarkratzer sind nicht gehäuft erlaubt.
Die Zulässigkeiten erhöhen sich im eingebauten Zustand in den Längen um 25 % der genannten Werte. Das Ergebnis wird stets aufgerundet auf volle 5 mm. Vorhandene Störfelder (Hof) dürfen nicht größer als 3 mm sein. Zulässig in der Falzzone R sind: Außenliegende flache Randbeschädigungen bzw. Muscheln, die die Festigkeit des Glases nicht beeinträchtigen und die Randverbundbreite nicht überschreiten sowie innenliegende Muscheln ohne lose Scherben, die durch die Dichtungsmasse ausgefüllt sind.

Zonen bei Glas

Die Zulässigkeiten der Zone E und M in den Tabellen erhöhen sich in der Häufigkeit je zusätzlicher Glaseinheit und je Verbundglaseinheit um 25 % der oben genannten Werte. Das Ergebnis wird stets aufgerundet.








Für Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) und teilvorgespanntes Glas (TVG) sowie Verbundglas (VG) und Verbund-Sicherheitsglas (VSG) aus ESG und/oder TVG gilt:
Die lokale Welligkeit auf der Glasfläche – außer bei ESG aus Ornamentglas und TVG aus Ornamentglas – darf 0,3 mm bezogen auf eine Messstrecke von 300 mm nicht überschreiten.
Die Verwerfung bezogen auf die gesamte Glaskantenlänge – außer bei ESG aus Ornamentglas und TVG aus Ornamentglas – darf nicht größer als 3 mm pro 1000 mm Glaskantenlänge sein. Bei quadratischen Formaten und annähernd quadratischen Formaten (bis 1:1,5) sowie bei Einzelscheiben mit einer Nenndicke

4. Allgemeine Hinweise

Die Richtlinie stellt einen Bewertungsmaßstab für die visuelle Qualität von Glas im Bauwesen dar. Bei der Beurteilung eines eingebauten Glaserzeugnisses ist davon auszugehen, dass außer der visuellen Qualität ebenso die Merkmale des Glaserzeugnisses zur Erfüllung seiner Funktionen mit zu berücksichtigen sind. Eigenschaftswerte von Glaserzeugnissen, wie z. B. Schalldämm-, Wärmedämm- und Lichttransmissionswerte etc., die für die entsprechende Funktion angegeben werden, beziehen sich auf Prüfscheiben nach der entsprechend anzuwendenden Prüfnorm. Bei anderen Scheibenformaten, Kombinationen sowie durch den Einbau und äußere Einflüsse können sich die angegebenen Werte und optischen Eindrücke ändern.
Die Vielzahl der unterschiedlichen Glaserzeugnisse lässt nicht zu, dass die Tabellen nach Abschnitt 3 uneingeschränkt anwendbar sind. Unter Umständen ist eine produktbezogene Beurteilung erforderlich. In solchen Fällen, z. B. bei Sonderverglasungen, sind die besonderen Anforderungsmerkmale in Abhängigkeit der Nutzung und der Einbausituation zu bewerten. Bei Beurteilung bestimmter Merkmale sind die produktspezifischen Eigenschaften zu beachten.


4.1 Visuelle Eigenschaften von Glaserzeugnissen


Zonen bei Glas

4.1.1 Eigenfarbe

Alle bei Glaserzeugnissen verwendeten Materialien haben rohstoffbedingte Eigenfarben, welche mit zunehmender Dicke deutlicher werden können. Aus funktionellen Gründen werden beschichtete Gläser eingesetzt. Auch beschichtete Gläser haben eine Eigenfarbe. Diese Eigenfarbe kann in der Durchsicht und/oder in der Aufsicht unterschiedlich erkennbar sein. Schwankungen des Farbeindruckes sind aufgrund des Eisenoxidgehalts des Glases, des Beschichtungs prozesses, der Beschichtung sowie durch Veränderungen der Glasdicken und des Scheibenaufbaus möglich und nicht zu vermeiden.


4.1.2 Farbunterschiede bei Beschichtungen

Eine objektive Bewertung des Farbunterschiedes bei Beschichtungen erfordert die Messung bzw. Prüfung des Farbunterschiedes unter vorher exakt defi nierten Bedingungen (Glasart, Farbe, Lichtart). Eine derartige Bewertung kann nicht Gegenstand dieser Richtlinie sein.



4.1.3 Bewertung des sichtbaren Bereiche des Isolierglas-Randverbundes, Geradheit der Abstandhalter

Im sichtbaren Bereich des Randverbundes und somit außerhalb der lichten Glasfl äche können bei Isolierglas an Glas und Abstandhalterrahmen fertigungsbedingte Merkmale erkennbar sein. Diese Merkmale können sichtbar werden, wenn der Isolierglas-Randverbund konstruktionsbedingt an einer oder mehreren Seiten nicht abgedeckt ist. Die zulässigen Abweichungen der Parallelität der/des Abstandhalter(s) zur geraden Glaskante oder zu weiteren Abstandhaltern (z. B. bei 3-fach-Wärmedämmglas) betragen bis zu einer Kantenlänge von:

< 2,5 m = 3 mm

2,5 m - 3,5 m = 4 mm

> 3,5 m = 5 mm

Die Abweichungen dürfen nicht 2 mm je 20 cm Kantenlänge überschreibten.

Wird der Randverbund des Isolierglases konstruktionsbedingt nicht abgedeckt, können typische Merkmale des Randverbundes sichtbar werden, die nicht Gegenstand der Richtlinie sind und im Einzelfall zu vereinbaren sind. Besondere Rahmenkonstruktionen und Ausführungen des Randverbundes von Isolierglas erfordern eine Abstimmung auf das jeweilige Verglasungssystem.


Zonen bei Glas

4.1.4 Isolierglas mit innenliegenden Sprossen

Durch klimatische Einflüsse (z. B. Isolierglaseffekt) sowie Erschütterungen oder manuell angeregte Schwingungen können zeitweilig bei Sprossen Klappergeräusche entstehen.Sichtbare Sägeschnitte sind herstellungsbedingt. Größere Farbablösungen sind im Schnittbereich nicht zulässig.


Abweichungen von der Rechtwinkligkeit und Versatz innerhalb der Feldeinteilungen sind unter Berücksichtigung der Fertigungs- und Einbautoleranzen und des Gesamteindrucks zu beurteilen. Auswirkungen aus temperaturbedingten Längenänderungen bei Sprossen im Scheibenzwischenraum können grundsätzlich nicht vermieden werden. Ein herstellungsbedingter Sprossenversatz ist nicht komplett vermeidbar.


4.1.5 Außenflächenbeschädigung

Bei mechanischen oder chemischen Außenflächenverletzungen, die nach dem Verglasen erkannt werden, ist die Ursache zu klären. Solche Beanstandungen können auch nach Abschnitt 3 beurteilt werden.

Im übrigen gelten u. a. folgende Normen und Richtlinien:

  • Technische Richtlinien des Glaserhandwerks
  • VOB/C ATV DIN 18361 „Verglasungsarbeiten“
  • Produktnormen für die betrachteten Glasprodukte
  • Merkblatt zur Glasreinigung, herausgegeben u.a. vom Bundesverband Flachglas e. V.
  • Richtlinie zum Umgang mit Mehrscheiben-Isolierglas, herausgegeben u. a. vom Bundesverband Flachglas e. V. und die jeweiligen technischen Angaben und die gültigen Einbauvorschriften der Hersteller.

4.1.6 Physikalische Merkmale

Für eine Reihe unvermeidbarer physikalischer Phänomene, die sich in der lichten Glasfläche bemerkbar machen können, können keine Beurteilungskriterien im Rahmen dieser Richtlinie definiert werden. Dazu zählen:

  • Interferenzerscheinungen
  • Isolierglaseffekt
  • Anisotropien
  • Kondensation auf den Scheiben-Außenflächen (Tauwasserbildung)
  • Benetzbarkeit von Glasoberflächen

4.2 Begriffserläuterungen

4.2.1 Interferenzerscheinungen

Bei Isolierglas aus Floatglas können Interferenzen in Form von Spektralfarben auftreten. Optische Interferenzen sind Überlagerungserscheinungen zweier oder mehrerer Lichtwellen beim Zusammentreffen auf einen Punkt.

Sie zeigen sich durch mehr oder minder starke farbige Zonen, die sich bei Druck auf die Scheibe verändern. Dieser physikalische Effekt wird durch die Planparallelität der Glasoberflächen verstärkt. Diese Planparallelität sorgt für eine verzerrungsfreie Durchsicht. Interferenzerscheinungen entstehen zufällig und sind nicht zu beeinflussen.

4.2.2 Isolierglaseffekt

Isolierglas hat ein durch den Randverbund eingeschlossenes Luft-/Gasvolumen, dessen Zustand im Wesentlichen durch den barometrischen Luftdruck, die Höhe der Fertigungsstätte über Normal-Null (NN) sowie die Lufttemperatur zur Zeit und am Ort der Herstellung bestimmt wird. Bei Einbau von Isolierglas in anderen Höhenlagen, bei Temperaturänderungen und Schwankungen des barometrischen Luftdruckes (Hoch- und Tiefdruck) ergeben sich zwangsläufig konkave oder konvexe Wölbungen der Einzelscheiben und damit optische Verzerrungen. Auch Mehrfachspiegelungen können unterschiedlich stark an Oberflächen von Glas auftreten. Verstärkt können diese Spiegelbilder erkennbar sein, wenn z. B. der Hintergrund der Verglasung dunkel ist. Diese Erscheinung ist eine physikalische Gesetzmäßigkeit.

Anisotropien bei Glas

4.2.3 Anisotropien

Anisotropien sind ein physikalischer Effekt bei wärmebehandelten Gläsern, resultierend aus der internen Spannungsverteilung. Eine abhängig vom Blickwinkel entstehende Wahrnehmung dunkelfarbiger Ringe oder Streifen bei polarisiertem Licht und/oder Betrachtung durch polarisierende Gläser ist möglich.

Polarisiertes Licht ist im normalen Tageslicht vorhanden. Die Größe der Polarisation ist abhängig vom Wetter und vom Sonnenstand. Die Doppelbrechung macht sich unter flachem Blickwinkel oder auch bei im Eck zueinanderstehenden Glasflächen stärker bemerkbar.


Zonen bei Glas

4.2.4 Kondensation auf Scheiben-Außenflächen (Tauwasserbildung)

Kondensat (Tauwasser) kann sich auf den äußeren Glasoberflächen dann bilden, wenn die Glasoberfläche kälter ist als die angrenzende Luft (z. B. beschlagene PKW-Scheiben). Die Tauwasserbildung auf den äußeren Oberflächen einer Glasscheibe wird durch den Ug-Wert, die Luftfeuchtigkeit, die Luftströmung und die Innen- und Außentemperatur bestimmt. Die Tauwasserbildung auf der raumseitigen Scheibenoberfläche wird bei Behinderung der Luftzirkulation, z. B. durch tiefe Laibungen, Vorhänge, Blumentöpfe, Blumenkästen, Jalousetten sowie durch ungünstige Anordnung der Heizkörper, mangelnde Lüftung o. ä. gefördert. Bei Isolierglas mit hoher Wärmedämmung kann sich auf der witterungsseitigen Glasoberfläche vorübergehend Tauwasser bilden, wenn die Außenfeuchtigkeit (relative Luftfeuchte außen) hoch und die Lufttemperatur höher als die Temperatur der Scheibenoberfläche ist.



Zonen bei Glas


4.2.5 Benetzbarkeit von Glasoberflächen

Die Benetzbarkeit der Glasoberfl ächen kann z. B. durch Abdrücke von Rollen, Fingern, Etiketten, Papiermaserungen, Vakuumsaugern, durch Dichtstoffreste, Silikonbestandteile, Glättmittel, Gleitmittel oder Umwelteinfl üsse unterschiedlich sein. Bei feuchten Glasoberfl ächen infolge Tauwasser, Regen oder Reinigungswasser kann die unterschiedliche Benetzbarkeit sichtbar werden.

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